In den Verfahren rund um den AfD Parteitag vom 12.09.2020 hätte am Montag, den 04.04. ein weiterer Prozess stattfinden sollen, der nun auf Oktober vertagt wurde. Die konsequente Aussageverweigerung und das Nicht-Nennen von freiwilligen Angaben gegenüber dem Gericht, wie u.a. das aktuelle Einkommen oder das derzeitige Arbeitsverhältnis, haben dafür gesorgt, dass der Prozess der beschuldigten Genossen nur etwa 10 Minuten anhielt.
Die kurzen 10 Minuten vor Gericht stellten sich sehr chaotisch dar. Selbst die Namen und Adressen der Beschuldigten stellten ein kleines Problem für die Richterin dar. Völlig unvorbereitet unterstellte sie beiden Beschuldigten Vorstrafen, um am Ende genervt die Gegenseite dafür verantwortlich zu machen, dass der Prozess nicht geführt werden könne.
Die Richterin behauptete, sie sehe keinen Sinn darin, die Verhandlung aufzunehmen, solange die Angaben zu Arbeitsverhältnis und Einkommen fehlten und forderte die Staatanwaltschaft auf, Ermittlungen einzuleiten. Sie empörte sich ungehemmt und ausufernd darüber, dass man ihr Angaben vorenthalte (die niemand vor Gericht machen muss!). Ob es nun wirklich daran lag, dass es am Montag nicht zum Prozess kam oder doch eher damit zu tun hatte, dass der Hauptbullenzeuge fehlte, lässt sich nur spekulieren. Standard ist es unserer Erfahrung nach, dass das Einkommen im Falle einer Geldstrafe ganz einfach geschätzt wird. Stattdessen lies sich die Richterin einen Einschüchterungsversuch nicht nehmen, indem sie mehrfach ankündigte, die Nachbar*innen der Beschuldigten zu deren Einkommensverhältnissen befragen zu lassen. Falls sie geglaubt haben sollte, dass ihr Verhalten dazu führen würde, die Anwälte und die Beschuldigten von einer Rote Hilfe Prozessführung abweichen zu lassen, trug ihr unstrukturiertes gereiztes Auftreten nur zur allgemeinen Belustigung bei.
Auch zu diesem Prozesstermin hatten sich wieder mehrere solidarische Genoss*innen morgens zusammengefunden, um die Beschuldigten im Gerichtssaal zu begleiten und vor dem Gericht im Rahmen einer Kundgebung mit Redebeiträgen Öffentlichkeit gegen die Klassenjustiz zu schaffen.
Um ihren Dank an die sich solidarisch zeigenden Genoss*innen vor dem Gericht zu zeigen, hatten die beiden Beschuldigten ein Grußwort aus dem Gericht als Redebeitrag eingesprochen. Da dieses auf Grund der kurzen Dauer des Prozesstermines nicht abgespielt werden konnte, geben wir dieses im weiteren wieder:
„Hallo liebe Antifaschist*innen,
Wir als Beschuldigte grüßen euch heute aus dem Gerichtssaal.
Wieder gilt es einen Angriff der Bourgeoisie auf alle, die sich für eine Welt ohne Faschismus einsetzen, gemeinsam und solidarisch abzuwehren. Denn wir sitzen hier auf der Anklagebank , weil wir es nicht kommentarlos hinnehmen können, das faschistische Ideologien seit Jahrzehnten immer weiter in die Mitte der Gesellschaft vordringen.
Das die Bullen allen nur erdenklichen Nazis bei jeder sich bietenden Gelegenheit, als willige Kirmesboxer zur Seite springen, überrascht uns in Braunschweig schon lange nicht mehr. Auch das sie ihr menschenfeindliches Handeln hinterher noch durch Anzeigen gegen Antifaschist*innen zu rechtfertigen versuchen und dabei von Staat und Justiz als sogenannte „Säule des Sicherheitsapparates“ hofiert wird werden, ist für uns mittlerweile bitterer Alltag.
Und so versuchen Sie auch diesmal, vollkommen legitimen Protest zu kriminalisieren und angebliche Angriffe mit Holzlatten herbei zu lügen. Dabei kann sich jede einzelne, die schonmal in Braunschweig auf der Straße war vorstellen, was wohl die Reaktion der Schweine auf solch einen Angriff wäre.
Bei den uns vorgeworfenen Straftaten, sollen wir angeblich versucht haben, organisiert mit über 40 Antifaschist*innen auf die Landesparteitag-Anreisestrecke der AfD am 12.09.2020 zu gelangen.
Hierbei wurden fünf Genoss*innen an dem Tag von Bullen verletzt, festgenommen und für mehrere Stunden in Zellen gesteckt. Bullen wurden an diesem Tag wiedereinmal, maximal durch ihr eigenes Pfefferspray verletzt. Aber auch das kann den Demonstrant*innen natürlich vorgeworfen werden. Denn wie in den bereits geführten Prozessen zu der Sache, vom Gericht immer wieder betont wurde, waren die armen „Einsatzkräfte“ angeblich durch das aggressive Auftreten der Demonstrant*innen so sehr eingeschüchtert und im Anschluss traumatisiert.
Wir erinnern nur noch einmal, dass der 12.09.2020 der Tag war, an dem Videos überregional Aufmerksamkeit gefunden haben, auf denen zu sehen war, wie an anderer Stelle an diesem Tag, Bullen mit mehreren „Einsatzhunden“ und viel Einsatz von Pfefferspray, eine Gruppe von scheinbar Jugendlichen von der Straße jagten. Dass hierbei niemand ernsthaft verletzt wurde, ist wiedereinmal nur ein Zufall.
Abseits der allzeit verwendeten Repressionskeulen „Landfriedensbruch und Widerstand“, kann uns und den weiteren Beschuldigten keine individuelle Tat nachgewiesen werden und daher soll wie in letzter Zeit immer wieder versucht, allein die Tatsache, dass wir vor Ort festgenommen wurden ausreichen, um uns weitere Straftaten wie schwere Körperverletzung und tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte vorzuwerfen.
Wir lassen uns von alldem nicht unterkriegen, bauen auf Solidarität und Gemeinschaft statt Angst und Vereinzelung.
In den vergangenen Monaten und allein in den vergangenen Wochen dieses Jahres, mussten schon eine Vielzahl von Prozessen geführt und solidarisch unterstützt werden.
Als Betroffene der Repression und Beschuldigte wollen wir euch sagen, wie viel Kraft es gibt, dass ihr mit uns hier seid.
Den spührbaren Rückhalt und die gezeigte Solidarität, welche ihr heute auf die Straße tragt und uns entgegenbringt, ist stärker als jeder Einschüchterungsversuch der Bullen und Gerichte.
Wir wissen wir sind nicht alleine, nicht heute vor Gericht und nicht im Glauben an die Sache. Dem Kampf gegen den Faschismus.
Mit euch an unserer Seite und der Roten Hilfe hinter uns sehen wir den nächsten Protesten und Aktionen entgegen, werden uns mit euch organisieren und weiter Kämpfen.
Danke das ihr heute hier seid, denn dank euch ist wiedereinmal niemand alleine.
Auch wir werden diesen Prozess politisch führen und im Kampf gegen die Repression, wie die Beschuldigten vor uns in der Sache, konsequent die Aussage verweigern. Wir werden keine anderen Genoss*innen belasten, wir werden nichts gestehen, keine Reue bekunden oder Eingeständnisse von uns geben. Aber vor allem werden wir uns sicher nicht, von den uns vorgeworfenenen angeblichen Taten distanzieren!
Kampf der Klassenjustiz und ihrer Repression.
Alle zusammen gegen den Faschismus!“