Urteil gegen den Nazischläger Pierre Bauer

Auch am 21.12.2016, dem 2. Prozesstag gegen den Nazischläger Pierre Bauer, waren wieder mehr Antifaschist*innen zur Beobachtung des Prozesses erschienen als der Saal Plätze bot. Noch vor dem Gerichtsgebäude griffen der als Nazizeuge geladene Lasse Richei und Sebastian Weigler, selbsternannter “Stützpunktleiter der JN Braunschweig”, Antifaschist*innen an. Als die vor Ort eingesetzte Polizei dies bemerkte setzten sie Pfefferspray gegen Antifaschist*innen ein, während die Nazis ins Gerichtsgebäude eskortiert wurden. In den Zuschauerraum kamen sie trotzdem nicht, da alle Plätze bereits besetzt waren.

Im Prozess bescheinigte der vom Gericht bestellte Gutachter dem Nazischläger eine dissoziale Persönlichkeitsstörung und beschrieb ihn als stark durch die örtlichen Faschisten beeinflusst, was seinen Hang zur Gewalt gegen Andere befördere. Dennoch bescheinigte er Bauer eine gute Sozialprognose, da dieser als Erwachsener noch nicht verurteilt worden sei und eine feste Wohnung habe. Auch kamen diverse eingestellte Verfahren zur Sprache, unter anderem wegen Hakenkreuzschmierereien und dem Zurschaustellen des SS-Mottos “Meine Ehre heißt Treue”. In dem Zusammenhang stellte einer der Nebenklagevertreter einen Beweisantrag um zu zeigen, dass Bauer seine Angriffe aus politischer Überzeugung beging. Dieser wurde auch angenommen, denn das Bauer ein Nazi ist stand nicht zur Diskussion.

Zuvor jedoch hatte der Nazischläger Gelegenheit, dem Gericht sein Leid zu weinen: So habe ihn die “Antifa” aus seinem Fitnessstudio vertrieben und verhindert das er dort wie gehofft mal arbeiten könne. Dass er auf dem Weg vom und zum Fitnessstudio regelmäßig Menschen verfolgte und bedrohte sowie Nazipropaganda verteilte blieb selbstverständlich unerwähnt. Des weiteren behauptete er, er wolle seinen “Weg in die Demokratie finden” und sei als gläubiger Mensch vom Christentum beeinflusst. Dieses Bild eines reuigen aber eigentlich von Anderen in die Schuld getriebenen Sünders wurde auch von seinem gesetzlichen Betreuer und seinem Anwalt gestützt. Die Nebenklage forderte für die am 23.2. begangene schwere Körperverletzung mit bleibenden Schäden (der doppelte Kieferbruch an einem Schüler der NO) eine Entschädigung von 10.000€.

Es folgte der Strafantrag der Staatsanwaltschaft: 2 Jahre auf Bewährung, da der Angeklagte geständig sei und sich bei den Opfern entschuldigt habe. Die Nebenklagevertreter wiesen auf die Brutalität und hohe Wiederholungsgefahr der faschistisch motivierten Angriffe hin und forderten eine Strafe ohne Bewährung und von über 2 Jahren. Der Verteidiger Bauers entschuldigte die Taten mit dessen dissozialer Persönlichkeitsstörung. Des weiteren gab er dem als Reaktion auf Bauers Angriffe von der Antifa verteilten Outing-Flyer sowie der Berichterstattung in der Presse eine Mitschuld an den Taten. Er richtete eine Drohung an die örtlichen Antifaschist*innen, sie bei Flugblättern gegen Bauers Naziaktivitäten und Übergriffe juristisch zu verfolgen. Eine Entschädigung für das Opfer des Kieferbruchs von über 4.000€ lehnte er ab. Für das Strafmaß schloss er sich der Forderung der Staatsanwaltschaft an.

Das Urteil lautete schließlich 2 Jahre Haft, ausgesetzt auf 3 Jahre Bewährung, 7.000€ Schmerzensgeld an den Schüler der NO sowie Arbeitsstunden. Als Grund wurde Bauers Mangel an Vorstrafen und seine Erkrankung herangeführt. Auch seine Entschuldigungen bei den Menschen die er angeriffen hat wurden herangezogen, wobei für alle Prozessbeteiligten (Beobachter*innen, Zeug*innen, Opfer), außer der Richterin und der Staatswanältin, die Entschuldigen eine klare Heuchelei darstellten.

In diesem Prozess zeigte sich, dass für alle Prozessbeteiligten klar war, dass Pierre Bauer zur organisierten Naziszene in Braunschweig gehört. Es zeigte sich aber auch, dass die Staatsanwältin und die Richterin keinen Wert darauf legten, seine Taten damit in einen Zusammenhang zu setzten. Pierre Bauer hat aber gezielt und wiederholt Menschen, die er als seine politischen Gegner*innen ansieht, angegriffen. Er hat aus seiner Nazi-Ideolgie und aus einem menschenverachtenden Weltbild heraus gehandelt.

Dass ein Nazi in der BRD, nach dem er wiederholt Menschen verletzt hat, zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wird ist keine Braunschweiger Besonderheit sondern bundesweit Realtität. Denn noch immer wird in Prozessen gegen Nazis, anders als bei Prozessen gegen Antifaschist*innen, oftmals der politische Hintergrund ignoriert.

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