ACHTUNG NEUER TERMIN: Donnerstag, 19.6.2014 | 19:00 Uhr | Antifa-Café, Cyriaksring 55 | Braunschweig
Veranstaltung mit Nick Brauns: Alternativen zur kapitalistischen Moderne – Geschichte der Arbeiterpartei Kurdistan PKK und Perspektiven des kurdischen Befreiungskampfes
Die kurdische Frage geht zurück auf den Ersten Weltkrieg, als Großbritannien und Frankreich ihre Einflussgebiete im Nahen Osten aufteilten und künstliche Grenzen zogen. Anschließend versuchten die Regionalmächte Türkei, Irak, Syrien und Iran, mit Gewalt und Unterdrückung, einheitliche Nationalstaaten zu schaffen. Kurdistan wurde zu einer internationalen Kolonie. Gegen Völkermord und Zwangsassimilation regte sich Widerstand, immer wieder kam es zu Aufständen. In den 70er Jahren gründeten Abdullah Öcalan und seine Genossen – darunter auch türkische Sozialisten – die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), weil sie mit der Ignoranz des größten Teils der damaligen türkischen Linken gegenüber der kurdischen Frage unzufrieden waren. Anfangs war das Ziel der PKK ein unabhängiges vereinigtes sozialistisches Kurdistan. Doch seit langem schon lehnt Abdullah Öcalan nationalistische Lösungen ab. In seinen in 15-jähriger Haft auf der Gefängnisinsel Imrali verfassten Büchern tritt er für das Lösungsmodell des „demokratischen Konföderalismus“ ein. Basisdemokratische Selbstverwaltung, Geschlechterbefreiung und Ökologie sollen eine Alternative zur kapitalistischen Moderne aus Nationalstaat, Profitwirtschaft und Industrialismus schaffen. Inspiriert wurde Öcalan bei seinen Überlegungen ebenso von der jahrtausendealten Geschichte des Widerstands in Mesopotamien wie von sozialistischen und anarchistischen Theoretikern. Seit über einem Jahr schweigen zwar die Waffen im Jahrzehnte währenden Krieg zwischen der PKK-Guerilla und dem türkischen Staat. Doch der voller Optimismus begonnene Friedensprozess stockt, da die türkische Regierung die kurdischen Landesteile weiter militarisiert. Jetzt bereitet sich die linke prokurdische Partei für Frieden und Demokratie (BDP) darauf vor, in den von ihr dominierten Regionen der Türkei auch ohne Zustimmung aus Ankara eine demokratische Autonomie zu schaffen. Im Windschatten des Bürgerkrieges zwischen dem Baath-Regime und der syrischen Opposition konnten die Kurdinnen und Kurden in Syrien sich autonome Gebiete schaffen. Hier entsteht eine rätedemokratische Selbstverwaltung, die auch Araber und christliche Minderheiten einbezieht. Frauen bilden hier in Westkurdistan (Rojava) die Avantgarde der Revolution, sie stellen auch fast die Hälfte der bewaffneten Selbstverteidigungskräfte.
Über die Geschichte der kurdischen Befreiungsbewegung spricht Nick Brauns, Historiker und Journalist und Co-Autor des Buches „PKK – Perspektiven des Kurdischen Freiheitskampfes: Zwischen Selbstbstimmung, EU und Islam“ (Stuttgart 2010)