Am Donnerstagmorgen, dem 17. Februar 2022, gab es in Braunschweig und Hannover 14 Hausdurchsuchungen. Neben Privatpersonen hat es dabei auch das Nexus, ein selbstverwaltetes linkes Kulturzentrum, getroffen.
Als Rechtfertigung für dieses unverhältnismäßige Vorgehen, wird den Betroffenen vorgeworfen, bei vermeintlichen Angriffen auf Nazischläger beteiligt gewesen zu sein. Doch zu keinem Zeitpunkt gab es Zeug*innen oder Beweismittel, die jene Vorwürfe belegen könnten. Es scheint, als würden die Cops Erzählungen der Nazis übernehmen und allein auf dieser Grundlage Tatsachen schaffen.
So reicht es zum Beispiel aus, wenn Nazis auf gegen sie protestierende Menschen als vermeintliche Täter*innen zeigen, um Hausdurchsuchungen zu erwirken.
Und nicht nur Privatwohnungen wurden auf den Kopf gestellt. Auch das Nexus wird anhand dieser kruden Begründungen gleich mit durchleuchtet. Allein die Klassifizierung des Nexus als vermeintlichen Aufenthaltsort weniger Betroffener reicht aus, um auch dort alles auseinanderzunehmen. Von Rechtmäßigkeit kann hier keine Rede sein.
Mit dem Nexus hat es nun nicht nur einen antifaschistisch markierten Ort getroffen, der einen sicheren Raum für Menschen darstellt, die sich für eine solidarische Gesellschaft einsetzen, sondern auch ein anerkanntes Mitglied der überregionalen Kulturszene, wie auch einen wichtigen Akteur im Westlichen Ringgebiet.
Sei es als Mitglied der Stadtteilkonferenz, durch das Organisieren von Konzerten oder aber durch gelebte Solidarität, beispielsweise in Form einer Nachbarschaftshilfe während der Pandemie – das Nexus bringt Anwohnende und Braunschweiger*innen gleichermaßen zusammen und fungiert als zentrale Anlaufstelle für eben jene, die nicht in einer hoch individualistischen Welt leben möchten, sondern den Versuch einer emanzipatorischen und antifaschistischen Gesellschaft wagen und umsetzen wollen.
Genau dieser Antifaschismus wurde nun angegriffen!
Denn wenn Antisemitismus, Sexismus und Rassismus wieder mehr und mehr gesellschaftsfähig werden, Übergriffe von Rechts – explizit auch in Braunschweig – verstärkt die Normalität abbilden und reaktionäre völkische Kleinstparteien bei Lokalwahlen antreten können, bleibt ein konsequenter Antifaschismus notwendiger denn je.
Dass die Sicherheitsbehörden diesen Antifaschismus bekämpfen, zeigt wieder einmal, dass wir uns auf den Staat bei einem Kampf gegen Rechts nicht verlassen können.
Anschaulich lässt sich das an dem Umgang der Braunschweiger Sicherheitsbehörden mit Nazischlägern und rechten Akteur*innen erkennen. Von versuchter Vereinnahmung des öffentlichen Raums, der Verbreitung von rassistischen und antisemitischen Aufklebern und Schmierereien, bürgerwehrähnlichen „Schutzpatrouillen“, Einschüchterungsversuchen und verbalen Pöbeleien bis hin zu tätlichen Übergriffen und Brandanschlägen – die Braunschweiger Behörden schauen konsequent weg.
Das eigentliche Problem – Gewalt von Rechts – wird nicht benannt. Stattdessen werden erneut wild Hufeisen durch die Gegend geworfen und linke Strukturen angegriffen.
Das ließ sich in den vergangenen Monaten und Jahren verstärkt beobachten: Linker Protest wurde untersagt, Demoteilnehmende und Versammlungsleitung gar nicht erst zu Versammlungsorten gelassen oder Journalist*innen aktiv in ihrer Arbeit beschränkt oder sogar daran gehindert. Die Liste ist lang und endet nicht erst mit den fünf bereits 2021 durchgeführten Hausdurchsuchungen. Auch damals traf es Antifaschist*innen.
Mit welcher Rechtmäßigkeit die durchgeführten Hausdurchsuchungen zu erklären sind, bleibt ebenfalls schleierhaft: Es gibt keine schwerverletzten Opfer, die Beschuldigungen und Durchsuchungsbeschlüsse kommen durch das wahllose Zeigen von Nazis auf Antifaschist*innen zustande und in der Pressemitteilung der Cops ist die Rede von bewaffneten Übergriffen als Tatvorwurf – Zeug*innen oder Beweismittel fehlen hierfür gänzlich. Gegenüber dem Nexus gibt es noch nicht einmal solch einen konkreten Tatvorwurf. Allein die Aussage, dass es Räume für die linke Szene zur Verfügung stelle, sei laut Sicherheitsbehörden Grund genug. Und letztendlich: nichts von alldem legitimiert ansatzweise das Eindringen in private Räume.
Das gewaltvolle Vorgehen der Cops und der Sicherheitsbehörden ist für die Betroffenen eine enorme emotionale Belastung, die auch nach Ende der Dursuchung nicht vorbei ist. Wenn man früh morgens davon geweckt wird, dass schwerbewaffnete Cops die Wohnungstür eintreten und mit gezogenen Waffen in die eigenen privaten Räume stürmen, anwesende Kinder und Tiere traumatisieren, ist das entwürdigend genug. In diesem Zustand mit Handschellen oder Kabelbinder fixiert zu werden und dabei zusehen zu müssen, wie Fremde in deinen Rückzugsort eingreifen, dient das neben der systematischen Einschüchterung auch gezielt der Erniedrigung der betroffenen Menschen!
So ist es wenig verwunderlich, wenn neben diesen Erniedrigungen auch grundsätzlich Rechte verwehrt werden: die Wahl der eigenen Zeug*innen, das Recht auf die ständige Anwesenheit dieser Zeug*innen bei der Durchsuchung der einzelnen Räume, oder sogar die Möglichkeit einen Anwalt zu kontaktieren.
Dieses Vorgehen zielt drauf ab linke Strukturen einzuschüchtern und anzugreifen und dem kann nur eine entschiedene Antwort entgegensetzt werden.
Wir lassen uns nicht einschüchtern und rufen zu spontanem Protest auf:
Zeigt euch solidarisch mit den Betroffenen und erscheint am Sonntag (20. Februar) um 13 Uhr auf dem Johannes-Selenka-Platz!